Wunder Muttermilch
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Wenn ich Knoblauch oder Curry esse – schmeckt meinem Baby dann meine Muttermilch noch? Prof. Dr. Andrea Büttner und ihr Team hat erstaunliche Antworten gefunden – und steckt noch mitten in der Forschung.
Der Geruch von Muttermilch kann deutlich schwanken, von geruchsneutral über süßlich bis hin zu schweißigen Noten ist vieles dabei. Auch bei einigen unserer Studien zum Übergang von Aromen aus der Ernährung in Muttermilch konnte man eine Änderung des Geruchs deutlich wahrnehmen, z.B. bei einem Geruchsstoff, der nach Eukalyptus riecht. Bei anderen Geruchsstoffen wiederum war keine solche deutliche Änderung wahrnehmbar. Zum Geschmack kann ich aus Erfahrung nichts berichten, da wir aus Sicherheitsgründen keine Muttermilch verkosten, jedoch könnte es sein, dass auch der Geschmack durchaus unterschiedlich ist. Das ist bisher molekular noch nicht untersucht worden, es wurden keine Geschmacksstoffe in Muttermilch bzw. deren Übergang untersucht, und somit ist es bisher auch nicht klar, inwiefern sich z.B. scharf schmeckende Substanzen in der Muttermilch wiederfinden.
Curry hat ein vergleichsweise starkes Aroma, weshalb wir davon ausgehen, dass sich davon auch in der Muttermilch noch etwas nachweisen lässt. Abgesehen davon ist die Mischung der vielen verschiedenen Zutaten eines Currypulvers sehr interessant und es können viele strukturell unterschiedliche Aromastoffe gleichzeitig untersucht werden. Ziel der Studie ist es, herauszufinden, welche Aromastoffe unverändert oder vom mütterlichen Stoffwechsel verändert in der Milch wiederzufinden sind und somit möglicherweise zu den sensorischen Eindrücken des Säuglings beitragen. Die Untersuchung des Aromastoffübergangs in Muttermilch kann wichtige Erkenntnisse dazu liefern, inwieweit Geruchsstoffe in der frühkindlichen Ernährung spätere Ernährungspräferenzen und damit einhergehend die Entwicklung von ernährungsbedingten Krankheiten beeinflussen können. Diese Grundlagenforschung ist zudem wichtig, um die Ergebnisse auf andere Prozesse übertragen zu können, z.B. wenn es darum geht, abzuschätzen, ob Arzneimittel und ihre Stoffwechselprodukte in Muttermilch übergehen können.
Prinzipiell haben viele Aromastoffe das Potenzial, in Muttermilch überzugehen und das Aroma zu beeinflussen. Ein bekanntes Beispiel ist Knoblauch, aber auch weitere Lebensmittel werden diskutiert, z.B. Karotten oder Curry. Dabei ist bei den wenigsten Lebensmitteln analytisch gezeigt worden, welche Aromastoffe tatsächlich in Milch wiederzufinden sind, und in welchen Mengen. Genau diese Wissenslücke schließen wir durch unsere Studien. Dabei konnten wir z.B. zeigen, dass das Aroma von Fischölkapseln oder Stilltee nicht nachweisbar in Muttermilch übergeht. Andererseits wiederum konnten wir potente Geruchsstoffe und geruchsaktive Stoffwechselprodukte von Knoblauch-Geruchsstoffen in Muttermilch nachweisen. Am Beispiel Knoblauch hat sich gezeigt, dass das Aroma aus der Ernährung durch den mütterlichen Stoffwechsel verändert wird und somit nicht eins zu eins in der Milch anzutreffen ist.
Grundsätzlich gibt es da große Unterschiede zwischen den Müttern. Allgemein geht ein eher kleiner Teil der Aromastoffe in die Milch über. Bei unseren Studien nahmen die Mütter 3 g Knoblauch – in etwa eine mittelgroße Zehe – zu sich, wodurch sich das Aroma der Muttermilch merklich änderte. Allerdings nicht in dem Maße, in dem man es im Atem nach dem Verzehr einer ähnlichen Menge merken würde. Wie der Säugling darauf reagiert, kann möglicherweise sehr unterschiedlich sein. In einer Verhaltensstudie von Mennella und Kollegen wurde gezeigt, dass Säuglinge ihr Saugverhalten nach Einnahme von 1,5 g Knoblauchextrakt verändern. Interessanterweise wurde in dieser Studie beobachtet, dass die Säuglinge länger saugten, jedoch die gleiche Menge Milch zu sich nahmen. War möglicherweise auch nur die Milchbildung verändert? Wir wissen es nicht. Generell kennen wir den Geruchssinn von Säuglingen noch nicht sehr gut, weshalb oft auf Schwellenwerte von Erwachsenen zurückgegriffen wird. Die Ergebnisse einiger Studien deuten jedoch darauf hin, dass der Geruchssinn von Säuglingen möglicherweise stärker ausgeprägt ist als derjenige von Erwachsenen.
Um die molekularen Grundlagen von Geruch aufzuklären, müssen die Aromastoffe zunächst aus der Muttermilch extrahiert und aufkonzentriert werden. Die verschiedenen Geruchsstoffe in dem daraus resultierenden Aromaextrakt werden mit Hilfe eines Gaschromatographen aufgetrennt. Um nun herauszufinden, um welche Aromastoffe es sich handelt, setzen wir mehrere Untersuchungsmöglichkeiten ein: Zum einen ein Massenspektrometer, durch das Informationen über die Struktur eines Moleküls gewonnen werden können, zum anderen tatsächlich die menschliche Nase, wodurch Informationen über die Geruchsqualität erhalten werden.
In der aktuellen Studie interessieren wir uns dafür, inwiefern Aromastoffe aus einem Currygericht in Muttermilch übergehen bzw. über den Urin ausgeschieden werden. Wichtig war uns dabei, ein realistisches Szenario zu entwickeln, d.h. eine normalerweise übliche Menge an Currygewürz in einem typischen Currygericht zu verwenden. Das jetzige Gericht beispielsweise wird mit Reis serviert. Die Teilnehmerinnen essen es und geben Muttermilch- und Urinproben sowohl vorher als auch in regelmäßigen Abständen nach Verzehr des Gerichts ab. Außerdem bitten wir die Mütter, zwei Tage vor der Studie keine Lebensmittel zu sich zu nehmen, in denen die Zutaten unseres Currygerichts enthalten sind, um nichts zu verfälschen. Am Tag der Probennahme schließlich sollte zum Frühstück lediglich Weißbrot mit Butter/Margarine und Himbeermarmelade gegessen sowie auf Kaffee verzichtet werden.
Prof. Dr. Andrea Büttner ist Lebensmittelchemikerin und hat den Lehrstuhl für Aroma- und Geruchsforschung an der Universität Erlangen-Nürnberg inne. Die Studie zur Nachweisbarkeit von Curry in der Muttermilch führt sie in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und Molekulare Sensorik der Technischen Universität München durch.
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